Können Sie sich ein Holzhaus vorstellen, das im Biedermeyer-Rokokkostil eingerichtet und in dem jeder Raum eine andere Farbnote besitzt? Die Kapitänsvillen in den weißen Fischerorten Norwegens, die sich an der Skagerrak-Riviera wie Perlen aufreihen, sind Edelsteine des Wohninteriors.
Norwegen-Folge-Beiträge: Das Weiß der Kapitäne
Das Schwanenkleid abgestreift
Wenn man sie betritt, fühlt man sich wie einer der kopftauchenden weißen Schwäne in den stillen Fjorden und Lagunen. Der Eindruck geht glattweg unter die Haut! Die von außen weiße Szene schlägt dramatisch um, sobald man die Häuser betritt.
Man sinkt hinab in die schillernden Tiefen der Fisch- und Muschelriffe. Innen besitzen die weißen Holzhäuser eine farbenfrohe Ausstattung. Hier hat man das stolze Schwanenkleid abgestreift, tobt sich in Kontrasten aus.
Dabei entstand eine raffinierte Romantik, die wir Deutschen uns in unseren märchenhaftesten Träumen kaum ausmalen können. Ein unerwartetes Farbenidyll, antike und verspielte Seemannsraffinesse! Einen Hauch davon kann man in den Antiquitätengeschäften der alten Seegassen von Kragero, Risor, Tevedestrand, Grimstad und Lillesand erahnen.
Das Wohnen spüren und erleben
In den weißen Häusern wohnt man nicht nur, sondern man erlebt das Wohnen! Man fühlt und empfindet, ist fortgerissen in eine andere Welt. Holz ist kein Thema. Aber hier blieb die Seele nicht in dumpfen, hohen Wäldern harren, sondern brachte die sagenhaften Wunder des Fernwehs heim.
Die dicken Dielenschiffsbohlen sind im Kontrast zu den schweren und eleganten, weißen Balkendecken hölzern grau belassen. Das skandinavische Dielenfußbodenrezept kommt „Do-it-your-selfern“ entgegen: Die ungestrichenen Dielen mit einer ätzenden Lauge behandeln und mit Sand leicht scheuern; zum Schluss eine Schutzschicht aus flüssiger Seife auftragen.
Man erhält gebleichte Holzdielen, die ebenso attraktiv wie pastellfarben gestrichene Böden – aber viel leichter zu pflegen sind. Die schweren Holzbalkendecken hingegen strahlen weiß! Tapeten und Möbelstücke wie in der Rokokozeit.
Jeder Raum ein Szenewechsel
Die Küche ist bäuerlich verwunschen, ihre Holzwände leuchten zudem – zum Beispiel ultramarinblau. Ein schönes Gestaltungselement in Skandinavien sind illusionistische Sockelzonen. Bordüren und florale Girlanden werden auf das Holz gemalt. Gern täuscht man kostbares Material durch kunstfertige Maltechnik vor.
Dabei werden oft kräftige Bauernfarben als Gegenpol zu den tiefgrünen Kiefernwäldern verwendet: Hölzerne Wandverkleidungen mit Rosenmalerei, erlesene Stilmöbel wie helle Empire- und Biedermeier Möbel aus Birkenholz, schmiedeiserne Lampen, steile Treppen, die wie auf Segelschiffen nach oben unter das Dachgebälk führen.
Die Rosenmalerei ist eine Dekorationskunst der bäuerlichen Welt des 18. und 19. Jahrhunderts in Norwegen. Zumeist zeigt sie nicht eine einzige Rose.
Zudem schaffen antiquierte gusseiserne Öfen, ausladende altehrwürdige Himmelbetten, intensive Farben wie Kobaltblau und tiefes Grün oder auch Karminrot sowie Attribute, die dem Umkreis des Meeres und der Berge entstammen, den Eindruck von naturverbundener Ursprünglichkeit.
Vorschau: Im letzten Beitrag der Norwegenfolge schauen wir hinüber zu den Fischerinseln mit ihren Holzhäusern.
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