Beim Weingenuss sollte man sich auch die Historie seiner Landschaft und die natürlichen Voraussetzungen seines Wachstums bewusst machen. Wenn ein Weinstock nicht genug Feuchtigkeit transportiert, kann er die Nährstoffe aus dem Boden nicht aufnehmen, und der Zucker, der in den Blättern gebildet wird, gelangt nicht in die Traube.
Mosel-Folge-Beiträge:
- 1/ Mosel: Der landschaftstherapeutische Kurgarten in Bad Bertrich
- 3/ Mosel: Rebblüte in der Moselschleife
- 4/ Mosel: Weinseliges Retreat im Hunsrück
- 5/ Mosel: Der Rebsaft im Glas spiegelt die Arbeit der Winzer
- 6/ Mosel: Beilstein – ein mittelalterlicher Diamant in der Sonne
Eine spirituelle Lebensphilosophie
So wie in dem landschaftstherapeutischen Park Bad Bertrichs mit Lava-Gestein, so kann man auch mit dem Element Erde und einem edlen Moselwein meditieren. Denn nicht allein schillernde Diamanten und Heilsteine besitzen eine ungeheure Energie. Außerordentlich tief dringen die Wurzeln eines Rebstocks in den felsigen Weinberg hinein, sodass man das Gesteinsaroma des Schiefers am zarten Gaumen schmecken kann.
Von Alf winden sich Serpentinen ins Moseltal hinab. Als echtes Luginsland krönt die Burg Alf einen rebenumwachsenen Bergkegel. Landschaftstherapie ist einfach. Wer eine wunderbare Aussicht genießen kann, hat das Prinzip schon verstanden. Wie auf einem Karussell drehen sich rundherum grüne Rebhänge im Sonnenblau und die spitzen, weißen Kirchtürme in der Flusskurve.
Ebenso wie Yoga ist die Landschaftstherapie mehr als Fitness und Körpertraining. Es ist auch eine spirituelle Lebensphilosophie, die das Konzentrationsvermögen, die Gelassenheit und innere Einkehr, die Balance von Körper und Seele fördert.
Weinblütenfeste und Hexen
Dabei kann man sich die natürlichen und historischen Voraussetzungen bewusst machen und das Schicksal des Lebens aus neuer Perspektive betrachten. Der Weinort an der Mündung des Alfbachs war schon von den Kelten besiedelt. Im Mittelalter wurde die Ritterburg erbaut. Damals waren Missernten einer der häufigsten Anlässe für die Hexenprozesse des Mittelalters – u.a. wurden die Opfer beschuldigt, die Weinblüte verdorben zu haben.
Während die unschuldigen Frauen zum Feuertod verurteilt wurden, wagte niemand, zu untersuchen, woran der Genuss edelster Tropfen wirklich scheiterte. Dass die Qualität des Weins allerdings auch von der Rebblüte abhängt, hatte man augenscheinlich erkannt. Nicht ohne Grund werden heute in den Weinregionen viele Weinblütenfeste veranstaltet.
Die Sonne und der Moselwein
Einen sonnigen Mai wissen nicht nur die Wanderer oder Radfahrer an der Mosel zu schätzen, denn dann kann man mit einer frühen Rebblüte rechnen. Das lässt hohe Öchslegrade erwarten. „Je eher die Weinblüte, desto besser der Wein!“ freuen sich die Winzer.
In der Regel blühen die Reben ab Mitte Juni, aber in manchen Jahren erwartet man die Blüte schon zu Pfingsten. Allerdings ist die Weinblüte so unberechenbar wie das Wetter. Laut Erntekalender braucht die Rebe vom Zeitpunkt der Blüte bis zur Vollreife mindestens 100 Tage.
Genug Zeit für den Wettergott, einen dicken Strich durch die Rechnung der fleißigen Winzer zu machen. Sollte eine optimistische Wetterprognose zutreffen, kann es auch passieren, dass die Pflanzen im Sommer zu wenig Wasser bekommen und in ihrem Wachstum zurückbleiben. Eine Rebe braucht wenigstens 450 l Wasser, damit sie sich voll entwickeln kann.
Fortsetzung:
Die nächste Folge über die Landschaftstherapie an der Mosel führt in das Weinstädtchen Zell und beschäftigt sich näher mit der Weinblüte.
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