Unter echten Freunden verlebte Friedrich Schiller in Leipzig die glücklichste Zeit seines Lebens. In einem kleinen Bauernhaus in Gohlis schrieb er die „Hymne an die Freude“, welche er in Dresden vollendete, und die Beethoven im Schlusschor seiner 9. Sinfonie vertonte. Auch im Gohliser Schlösschen hielt sich der Dichter oft auf. Für diesen Genussspaziergang durch Leipzig-Gohlis sollten Sie etwa 2 – 3 Stunden einplanen.
Leipzig-Folge-Beiträge: Musenküsse aus Klein-Paris
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Das Romanushaus und Friedrich Schiller
Die ehemalige barocke Bebauung am Brühl ist nur noch am imposanten Romanushaus erkennbar. Darin befand sich das „Richtersche Kaffeehaus“, in dem sich Friedrich Schiller gern aufhielt. Außer dem Künstler Oeser gewann er hier den Buchhändler Georg Joachim Göschen zum Freund.
Das Romanushaus eignet sich bestens für eine genussvolle Betrachtung und Stilkunde: Sein figürlicher Schmuck stammt aus der Permoserschule. Über dem Portal sitzen Athene und Fama, Girlanden umspielen Fenster und Giebel, ganz oben leuchtet golden eine Vase. Der zweigeschossige Eckerker kragt über Hermes (Merkur) wie ein Regenschirm.
Bald nach Amtsantritt baute sich Franz Conrad Romanus für die ungeheure Summe von 150000 Talern das prächtigste Wohnpalais der Stadt. Weil er sich dazu gefälschte Stadtschuldscheine dienbar machte, wurde er für den Rest seines Lebens – 41 Jahre lang! – auf die Festung Königstein in der Sächsischen Schweiz eingekerkert.
Einen Prozess ließ der König seinem umstrittenen Schützling aber sonderbarerweise nie machen. Immerhin hinterließ Romanus der Stadt 700 innovative Gaslaternen und eben jenes schönste hochbarocke Haus, das Ratsmaurer Johann Gregor Fuchs Anfang des 18. Jh. in Anlehnung an die verschnörkelte Herrlichkeit Dresdens errichtete.
Schiller-Haus in Leipzig-Gohlis
Friedrich Schiller lebte dann einige Monate auf dem Lande zusammen mit Georg Joachim Göschen in einem Bauernhaus. Göschen hatte ihm auf Veranlassung Christian Gottfried Körners die Reise nach Leipzig ermöglicht.
Mit der Straßenbahn gelangen wir schnell dorthin. Der selbstklimmende heimische Efeu an dem Bauernhäuschen des ehemaligen Dörfchen Gohlis gehört zu den grünen Klettermeistern Leipzigs, eine natürliche Wärmedämmung an Nord- und Westwänden.
In der Menckestraße 23 schrieb Friedrich Schiller an seinem „Don Carlos“ und das „Lied an die Freude“. In Gohlis stand Schiller schon morgens zeitig auf und unternahm im Schlafrock lange Spaziergänge durch die Felder. Meist schrieb er im Freien unter einer alten Linde oder in einer Holunderlaube, mitunter auch im Park oder im Salon des Gohliser Schlösschen, dessen Besitzer ihn einlud.
Gohliser Schlösschen
Das zierliche Rokokoschlösschen wurde 1755/56 als Sommersitz für den Rats- und Kaufherren Caspar Richter nach einem Entwurf von Friedrich Seltendorff anstelle von zwei Bauerngütern erbaut.
Die hohen Mietshäuser in der Menckestraße, die mit ihren prächtigen Jugendstilfassaden eine stilvolle Ergänzung zum Schloß bilden, verraten nicht, daß das ehemalige Dorf Gohlis am Flüsschen Pleiße aus 45 Bauernkaten bestand, die von Feldern und Wiesen umgeben waren. Allein das Schillerhaus am Ende der Straße ist ein Zeugnis jener Zeit.
Leipzig war nie Residenz, sondern von jeher Handelsstadt. Dieses einzige erhaltene Leipziger Schloss wirkt trotz seiner zierlich-üppigen Schönheit unaufdringlich schlicht; eine majestätische Treppenanlage fehlt. Viel Glas und Licht in dem turmbekrönten Mittelteil, der ebenerdig mit dem barocken Lustgarten verbunden ist, vermitteln den heiteren Flair einer Orangerie.
Richters Initialen zieren die Wetterfahne. Ganz besonders sentimental ist die Stimmung im Schlösschen, wenn unter dem Deckengemälde „Lebensweg der Psyche“ von Adam Friedrich Oeser im Festsaal Konzerte oder im Park Serenaden und Theaterstücke aufgeführt werden.
Vorschau: Der nächste Beitrag der Leipzig-Folge lädt zu einem Bummel über den Augustusplatz ein.
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Leipzig-Folge-Beiträge: Musenküsse aus Klein-Paris
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