Wer dem Alltag entfliehen möchte, um nur für wenige vertrauliche Freunde brieflich erreichbar zu sein, wird heutzutage vielleicht nicht gerade nach Mallorca reisen. Die französische Schriftstellerin George Sand und ihr polnischer Freund, der Komponist Frédéric Chopin, verbrachten 1838/39 in der traumhaft schönen Tramuntana an Mallorcas Westküste einen ganzen Winter – ungestört von der Pariser Gesellschaft, aber auch unbeliebt bei den Einheimischen.
„Chopin auf Mallorca“ – unsere Youtube-Playlist mit auf Mallorca komponierten Klavierstücken!
Mallorca-Folge-Beiträge:
- 2/ Mallorca und George Sand: Insel der Kannibalen?
- 3/ Mallorca und George Sand: Mallorquinisches Intermezzo
- 4/ Mallorca und George Sand: Präludien der Melancholie
- 5/ Mallorca und George Sand: Wenn Regentropfen klingen
Auf den Spuren von George Sand und Frédéric Chopin
Zur Freude der geschäftstüchtigen Mallorquiner strömen heutzutage die Touristenmassen zum Kartäuserkloster in Valldemossa, welches mit seinem maurisch anmutenden Glockenturm in 410 m Höhe malerisch über dem azurblauen Meer schwebt. Sie sind auf der Suche nach den Spuren des ungleichen Paares, das vor 180 Jahren die wohl erste Familienreise auf die Insel unternahm. Sogar für eine abenteuerliche und couragierte Frau wie George Sand war dies ein recht kühnes Unternehmen.
Tausende Besucher zählen die Zellen 2 und 4 des Kartäuserklosters mit den Hinterlassenschaften des berühmten Liebespaares. Das Pleyel-Klavier ließ sich Chopin eigens aus Frankreich kommen.
Das mallorquinische Bergstädtchen liegt zauberhaft inmitten eines weiten grünen Tales. Weitläufige Terrassenfelder umgeben den berühmten Ort. 1838/39 verbrachten die beiden Liebenden hier den Winter. Der Ort liegt nur 15 km von Palma entfernt.
Eine ungewöhnliche Frau
„…glauben Sie nicht zu sehr an mein satanisches Wesen … es ist nur ein Image, das ich mir zulege.“, schrieb George Sand 1833 an einen Kritiker. Aurore Lucile Dupin (1804-76), eine Urenkelin August des Starken, war gerade als Schriftstellerin unter dem Pseudonym George Sand zu Ruhm gelangt. Für ihren Urgroßvater August von Sachsen hatte sie kein freundliches Wort übrig: Er sei „der größte Wüstling seiner Zeit“.
Ob teuflisches Image oder nicht, selten hatte eine Autorin die literarische Welt so auf Anhieb erobert und bis ins hohe Alter in Bann gehalten. George Sand absolvierte ein immenses Arbeitspensum und hinterließ etwa 180 literarische Bände, unzählige Zeitungsartikel und Briefe.
Die freidenkerische Demokratin
Nie nahm sie ein Blatt vor den Mund, weder in ihren Romanen noch in der Beurteilung gesellschaftlicher Verhältnisse. „Ich glaube nicht an das Böse, aber an die Dummheit.“, klingen ihre Worte nach. Lieber riskierte sie das Verbot ihrer Bücher, als dass sie ihre Seele oder ihre Freunde verriet. So stieß sie auf Verehrung und Ablehnung zugleich. Dabei mangelte es ihr nicht an Selbstkritik.
Sie hielt sich nicht für erstklassig, schätzte jedoch die Erstklassigen, für die sie stets eine offene Türe hatte. In ihrer Pariser Wohnung, der „blauen Mansarde“, traf sich die Künstlerwelt: ihre Freunde Alfred de Musset, Heinrich Heine, Honore de Balzac oder Gustave Flaubert und viele andere, welche nicht selten knapp bei Kasse waren.
George Sand stand mit Rat und Tat zur Seite, half häufig auch mit Geld aus, ohne dafür Vorteile zu erwarten oder Dank zu erhoffen. Sie schenkte lieber den armen Leuten etwas, als dass sie reiche Leute bewirtete.
Fortsetzung:
In der nächsten Folge über Mallorca erfahren Sie mehr über das Leben von George Sand und warum sie von der schönen Insel enttäuscht war.
Anmerkung: Nähere Informationen erhalten Sie in den folgenden Büchern:
- „Ein Winter auf Mallorca“ von George Sand, Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co, München 1985
- George Sand – Eine Biografie, Armin Strohmeyr, Reclam, Leipzig, 2004
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