Heinrich Heine: Und als ich an die Rheinbrück' kam

Im Winter 1843 reiste Heinrich Heine von Paris nach Hamburg, um seine Mutter und seinen Verleger Julius Campe zu besuchen. Seine Reiseerlebnisse verarbeitete er danach in dem satirischen Versepos „Deutschland ein Wintermärchen“. Die beiden Ausschnitte aus dem brillanten Werk berichten über seinen Aufenthalt in Köln, wobei er die nächtliche Stadt erkundet. Heine reflektiert dabei auch die Zeit der „Dunkelmännerbriefe“, die Anfang des 16. Jahrhunderts während des Weiterbaus des Kölner Doms verfasst wurden. Ulrich von Hütten war ein Mitverfasser der Briefe gewesen, während sich der Name Hochstraaten auf jenen Theologen bezieht, der die Briefe bekämpfte. Menzel war ein unfein gesonnener Bonner Studienkollege Heines.

Online-Kunstevent „Turner und die Rheinromantik“:

 

 

Köln Deutz - Spiegelbild in der Glasfassade eines Hotels am Rhein

Köln Deutz – Spiegelbild in der Glasfassade eines Hotels am Rhein

 

Und als ich an die Rheinbrück‘ kam

Severinsbrücke in Köln

Severinsbrücke in Köln

Und als ich an die Rheinbrück‘ kam,
Wohl an die Hafenschanze,
Da sah ich fließen den Vater Rhein
Im stillen Mondenglanze.

»Sei mir gegrüßt, mein Vater Rhein,
Wie ist es dir ergangen?
Ich habe oft an dich gedacht
Mit Sehnsucht und Verlangen.«

So sprach ich, da hört ich im Wasser tief
Gar seltsam grämliche Töne,
Wie Hüsteln eines alten Manns,

Eingansportal Kölner Dom

Eingansportal Kölner Dom

Ein Brümmeln und weiches Gestöhne:

»Willkommen, mein Junge, das ist mir lieb,
Daß du mich nicht vergessen;
Seit dreizehn Jahren sah ich dich nicht,
Mir ging es schlecht unterdessen.

Heinrich Heine

(Deutschland. Ein Wintermärchen – Kapitel 6, 1844)

 

 

 

Zu Heines Zeiten besaß der Kölner noch noch keine Türme

Zu Heines Zeiten besaß der Kölner noch keine Türme

 

Skulpturen am Kölner Dom

Skulpturen am Kölner Dom

Zu Cöllen kam ich spät Abends an

Zu Cöllen kam ich spät Abends an,
Da hörte ich rauschen den Rheinfluß,
Da fächelte mich schon deutsche Luft,
Da fühlt ich ihren Einfluß –

Auf meinen Appetit. Ich aß
Dort Eierkuchen mit Schinken,
Und da er sehr gesalzen war,
Mußt ich auch Rheinwein trinken.

Rheinländische Pfannkuchen

Karnevalskuchen „Berliner“

Der Rheinwein glänzt noch immer wie Gold
Im grünen Römerglase,
Und trinkst du etwelche Schoppen zu viel,
So steigt er dir in die Nase.

In die Nase steigt ein Prickeln so süß,
Man kann sich vor Wonne nicht lassen!
Es trieb mich hinaus in die dämmernde Nacht,
In die widerhallenden Gassen.

Die steinernen Häuser schauten mich an,
Als wollten sie mir berichten
Legenden aus altverschollener Zeit,
Der heiligen Stadt Cöllen Geschichten.

Gotisches Fenster am Kölner Dom

Gotisches Fenster am Kölner Dom

Ja, hier hat einst die Klerisei
Ihr frommes Wesen getrieben,
Hier haben die Dunkelmänner geherrscht,
Die Ulrich von Hütten beschrieben.

Der Cancan des Mittelalters ward hier
Getanzt von Nonnen und Mönchen;
Hier schrieb Hochstraaten, der Menzel von Cöln,
Die giftgen Denunziaziönchen.

Heinrich Heine

(Deutschland. Ein Wintermärchen – Kapitel 4, 1844)

 

 

Auf dem Domplatz in Köln

Auf dem Domplatz in Köln

 

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Als Buchautorin und Journalistin arbeitet Gabriele Walter mit dem Künstler und Grafiker Kurt Ries zusammen. In ihrem Reise- und Relaxblog helfen sie den Lesern, im Sinne der Selbstfürsorge und Prävention Stressverhalten zu korrigieren und sich Energie, Lebensfreude und mentale Kraft zuzuführen. Dabei fördern sie auch Kunst und Muse.