„Grün stört – im Fokus einer Farbe“ lautet der Titel einer Ausstellung, die noch bis zum 14. August 2016 im neuen Marta Herford Museum besucht werden kann. Aber stört denn Grün wirklich? Allein schon wegen seiner futuristischen Architektur ist das Museum einen Besuch wert. Und insbesondere im Sommer lohnt es, sich in achtsamer Weise mit der Farbe Grün zu befassen, weshalb wir den Beitrag mit Farbtönen aus der Natur illustriert haben.
Grün in der Kunsthistorie
Leonardo da Vinci nutzte die grüne Farbe zur Darstellung des Wassers. In Henri Rousseaus Bild „Der Traum“ lassen sich etwa 50 verschiedene Grüntöne ausmachen. In der Malerei des 20. Jahrhundert spielt Grün dagegen eine nur geduldete Rolle.
Wassily Kandinsky attestiert ihr Passivität und Selbstzufriedenheit. Ernst Wilhelm Nay malte das Bild „Lob des Grünen“, in welchem sich die Farbe zum Wohlklang mit anderen Farben entfaltet. Die Bilder des deutschen Malers sind strahlende Akkorde reiner Farben.
Wir sind bei unserer Recherche zu berühmten Bildern in grünen Farbtönen reichlich fündig geworden. Bei unseren Ausstellungen vergab die internationale Jury im Jahr 2016 einen der Excellence-Preise für ein grünes Bild.
Einerseits darf man bei grünem Licht fortfahren, andererseits bedeutet die Farbe bei Früchten Unreife, weshalb man sie nicht essen sollte. Aber imgrunde ist die Passivität die charaktervollste Eigenschaft von Grün. Man vergleicht es mit der Bougeoisie, ein unbewegliches mit sich selbstzufriedenes Element.
Widerspruch einer Farbe
Über 20 Künstler präsentieren mit ihren modernen Werken in der Herforder Ausstellung die grüne Farbe: www.marta-herford.de. Alan Ebnothers meint, dass Grün kein Pflanzenmaterial sei und auch nicht unbedingt natürlich. Man soll sich öffnen, um die Farbe neu wahrzunehmen. Man könne Grün nicht verstehen, sondern es in seiner Schönheit nur erfahren.
Laut dem Künstler Thomas Huber ist Grün dagegen ein Bastard und es macht keinen Spaß Grünes zu malen. Seit Jahren setzt er sich mit der Widersprüchlichkeit dieser Farbe auseinander. Ein Grünton habe ihn in der Natur angeschaut, wobei er eine geradezu körperlich spürbare „schmerzliche Schönheit“ empfand.
In Studio Jobs Kunstwerk schimmert die Patina von Bronze grünlich. Jérôme Leubas projiziert in seinem „Battlefield Green“ einen Golfplatz auf das Schlachtfeld von Verdun, dessen grünes Gras für den Gedenktourismus gepflegt wird.
Entspannung mit der Farbe Grün
Ganz anders sehen das Xu Zhens und die Künstlerin Bärbel Messmann. Nach neueren Resultaten deutscher Psychologen kann Grün die Kreativität fördern, da es zu einer entspannten, kontemplativen Atmosphäre beiträgt. Ein roter Sportwagen zum Beispiel wird gegenüber einem ansonsten identischen lindgrünen als lauter und schneller eingeschätzt.
Im Weltraum üben Pflanzen dagegen eine intensive psychologische Wirkung auf die Astronauten aus. Im wahrsten Sinne abgehoben ist deshalb der „space garden“ von Michael Najjar. In vier Farbtafeln stellt dann Bärbel Messmann die Frage, welche Farbe realer ist, die gemalte, das farbige Wort oder die in der Vorstellung aufgerufene? Dabei appeliert sie an das Bild- und Farbgedächtnis und an die Erinnerungen. Farbnamen sind oft poetisch aufgeladen, wie zum Beispiel Nilgrün und Taigagrün.
Xu Zhens blaue Himmelslandschaft mit einem Personal Trainer im frühlingsgrünen Outfit impliziert, dass die Natur bei schönem Wetter einen ruhigen und entspannenden Effekt auf den Betrachter hat. Grün kann zudem die Müdigkeit verringern. Tatsächlich zieht Grün magisch an. Wer sich länger in der Stadt aufhält, bekommt ganz automatisch Sehnsucht nach dem Lande.
Das in dem Kunstwerk von Christopher Roth integrierte Fenster gleicht einer Luke im Fleugzeug. Fordert es vielleicht auf, nach draußen zu gehen und sich in grüner Natur zu bewegen? Tatsächlich wäre dies ein sinnvoller Gesundheitstipp! Die dargestellte eintönige Wohnung erinnert an eine Höhle.
Info: www.marta-herford.de
Kunst genießen – mit entspannender Musik und Poesie:
Kunstbilder aus aller Welt in der Farbe Grün
Meditation mit grünen Kunstwerken
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