Auf den Spuren von Heinrich Heine auf der Norderney

Angeregt von Heinrich Heines Nordsee-Zyklus möchten wir Sie zu der achtteiligen Beitragsfolge „Poesie des Meeres“ einladen. Als Haiku-Dichterin, Künstler und begeisterte Leser von Heines Lyrik verspürten wir unweigerlich den Wunsch, auf seinen Spuren zu wandeln und uns gleichermaßen von der Poesie des Meeres inspirieren zu lassen. Alles was Heine auf der Nordsee-Insel sah und erlebte, war potentieller Stoff für seine Dichtkunst. Die bizarren Meeresimpressionen, welche sich durch seine Gedichte schöpferisch untermauern lassen, verwandelten wir sowohl in Fotografie und Aquarelle als auch in eigene Haiku-Gedichte.

„Du siehst jeden Sommer entpuppe ich mich und ein neuer Schmetterling flattert hervor.“

Heinrich Heine

Wanderung bei Mondschein

Um den Beiträgen auch die Gloriole des weltberühmten Dichters einzuhauchen, zitieren ihre Überschriften jeweils eine Wortfolge aus seinen Nordsee-Gedichten. Die sprachliche Herrlichkeit kürzester Auszüge seiner Lyrik spricht nicht nur für die landschaftliche Schönheit der Insel, sondern vor allem auch für die literarische Qualität seiner Dichtkunst. Hinzu kommt jeweils ein aussagekräftiges Zitat des Dichters. (Die Haiku-Dreizeiler entstammen hingegen unserer eigenen Feder.)

Mit Wolkenbergen
Behangen indigoblau
Der Abendhimmel.

Aber gerade deshalb fanden wir uns bei unserem Aufenthalt auf der Norderney in einiger Verwunderung wieder: Waren doch die Spuren des großen deutschen Dichters – zumindest im Spätsommer des Jahres 2020 – dort weitgehend im Sande verweht… An den endlosen Strandpromenaden war nur eine einzige kleine Schrifttafel mit einem seiner Gedichte und auch kein ehrwürdiges Heine-Denkmal zu finden. Dabei würden doch Heinrich Heines romantische Landschaftsbetrachtungen ideale Gegenstücke zu der recht nüchternen Architektur des vornehmlich modernen Inselortes darstellen.

Ewiges Rauschen
In Dünenbergen verklingt.
Möwengelächter.

Beitragsreihe: „Poesie des Meeres“

(Auf den Spuren von Heinrich Heine auf der Norderney)

Wir wünschen unseren Lesern viel Freude auf einer entspannenden Fotoreise voller Poesie:

In Gemächern
Weißer Wolken der Silberglanz
Des Meeres sich spiegelt.

Heine besuchte die Insel Norderney in den Sommern 1825 und 1826. Mit wochenlangem Kuren wollte er seine körperlichen Leiden heilen. Aber am wichtigsten waren die Aufenthalte an der Nordsee für seine Entwicklung als Schriftsteller. Seinen Ruhm als „Hofdichter der Nordsee“ erlangte er durch drei brillante Werke:

In Cuxhaven-Ritzebüttel schrieb er im Sommer 1823 den Gedichtzyklus „Die Heimkehr“. Dabei war er auf der Fahrt nach Helgoland in einen Sturm geraten, sodass er das Eiland erst später besuchen konnte. Auf der Insel Norderney verfasste er den Gedichte-Zyklus „Die Nordsee“ und seine umstrittenen Prosa-Reisebilder.

Letztere haben mit der landschaftlichen Schönheit der Insel weniger zu tun. Sie entstammen vor allem Heines Teilnahme am „High Life“ der Oberschicht, welche ihm den Standesunterschied zum betuchten Adel deutlich spüren lies. Seine scharfzüngigen Anspielungen auf die Sitten des adligen Badepublikums scheint man ihm bis heute nicht verziehen zu haben.

Im Nebelwallen
Der See sich mit Liebe tränkend
Das Möwenpaar.

Während der Sommersaison im Jahre 1827 sannte man sogar auf Rache an den jungen Dichter, sodass er auf die Insel Wangerooge fliehen musste. (Von dort aus bereiste er dann noch weitere Inseln der deutschen Nordsee.) Mit der friedlichen Seele eines Schriftstellers von weltliterarischer Erstklassigkeit lehnte er sich unter anderem gegen die Jagdleidenschaften der adligen Gesellschaft auf und fühlte sich letztendlich auch an deren Spieltisch nicht wohl.

Der Widerschein der
Dämmerung nun sein zartes
Rosenwasser weint.

Heine fühlte sich nicht nur als Dichter, sondern auch wegen seiner jüdischen Herkunft verstoßen. Verständlicherweise rief dies auch Unmut und Verdrossenheit bei ihm hervor. Um Stigmatisierung und Mobbing im beruflichen Leben zu entgehen, blieb ihm nichts anderes übrig als sich taufen zu lassen. Von nun an hieß er nicht mehr Harry, sondern Heinrich. Dem seiner Dichtkunst verständnislos gegenüberstehenden Publikum begegnete er mit selbstgewählter Isolation.

Wir möchten uns in unserer Beitragsfolge nicht dem damaligen Stein des Anstoßes widmen und auch nicht weiter in die Diskussion um das Heine-Denkmal vertiefen (*siehe unten), sondern uns seiner faszinierenden Lyrik sowie der Meditation und Entspannung zuwenden. Dafür hat die Wellness-Insel mehr als genug zu bieten. Wer dort gesunden und wie Heine in aller Ruhe meditieren oder schöngeistig tätig sein will, kommt in der Nordseenatur voll auf seine Kosten. Selbst dann wenn letztere mit vergleichbaren Angeboten in Europa fürstlich überzogen bzw. eher nur für gut betuchte Standesgenossen geeignet sind.

Mit Gnadenstrahlen
Frau Sonne nur die Spitze
Des Leuchtturms erhellt.

Die Haiku-Gedichte unserer Beiträge sind auch in den Geschenk-Buchreihen „LOUNGE“ und „Kunstretreat“ enthalten.

Literaturnachweis für die Beitragsfolge: „Heinrich Heine, Dichter der Nordsee“, „Geschrieben auf der Insel Norderney“, Michael Fleischer, Norderney 2001. Wir danken vielmals für dieses mit Hingabe verfasste hilfreiche Büchlein! Im weiteren: Heinrich Heine „Die Nordsee“, Husum 2004.

* Das Denkmal von dem Bildhauer Arno Breker (s. Wikipedia-Biographie) war bei unserem Aufenthalt auf der Insel Ende September 2020 abgebaut. (Bitte erfragen Sie den aktuellen Stand der Dinge beim Touristenbüro!) Warum ausgerechnet ein Arno Breker, wo es doch so viele andere passendere Künstler gibt? Und was hätte Heine zu jenem Geschenk gesagt? Viele Tausende seiner Fans jedenfalls sind von dieser unangebrachten Auswahl eines einst dem Nazi-Regime verfallenen Bildhauers gewiss nicht begeistert und über die anmaßende Vereinnahmung der freiheitsliebenden Geisteswelt des weltberühmten Schriftstellers eher missmutig gestimmt. Brekers relativ kleines Bronze-Denkmal entstand 1983 variiert nach dem Entwurf von 1930. In Anbetracht beider Biographien dürfte es zweifelhaft sein, dass sich ein Arno Breker in Heinrich Heines Schaffen hinreichend hineindenken konnte.

Sketchzeichnungen von Kurt Ries

Haiku-Gedichte von Gabriele Walter

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Als Buchautorin und Journalistin arbeitet Gabriele Walter mit dem Künstler und Grafiker Kurt Ries zusammen. In ihrem Reise- und Relaxblog helfen sie den Lesern, im Sinne der Selbstfürsorge und Prävention Stressverhalten zu korrigieren und sich Energie, Lebensfreude und mentale Kraft zuzuführen. Dabei fördern sie auch Kunst und Muse.