Leider blieb die Universitätskirche mit ihrem wertvollen Kreuzgang aus dem 12. Jahrhundert am Augustusplatz in Leipzig nicht erhalten. Nur ein paar alte Grabplatten schmücken ihr ehemaliges Terrain. Nach dem Krieg wurde der Platz in „Karl-Marx-Platz“ umgetauft und die damalige Ideologie äußerte sich auch in der Stadtplanung. Umgeben von Historie und kulturellem Flair erhielt Leipzigs größter Platz jedoch nach der Wende seinen alten Namen wieder zurück.
Leipzig-Folge-Beiträge: Musenküsse aus Klein-Paris
Die Leipziger Oper
Die „Bimmel“ bringt uns aus dem Stadtteil Gohlis zurück in die City. Unweit des Hauptbahnhofs – am Augustusplatz – steht das Opernhaus an der Stelle des vom Krieg zerstörten Neuen Theaters, welches auf dem früheren Waldhügel Schneckenberg erbaut wurde.
Theodor Körner, der „Sänger der Freiheitskriege“, schrieb dort unter den Lindenbäumen sein Gedicht „Lützows wilde verwegene Jagd“, welches Carl Maria von Weber später vertonte.
In Anlehnung an das kriegszerstörte Neue Theater wurde das Opernhaus mit dem 350 m langen Attikageländer, welches von Friedenstauben geziert wird, auf dem Augustusplatz erbaut. Die goldeloxierten Aluminiumfenster, sein klassizistisches Gepräge sowie die Deckenbemalung im Foyer verleihen ihm einen feierlichen Pathos, der angesichts der Epoche, in die seine Erbauung fällt, bemerkenswert ist.
Zur Eröffnung im Jahre 1960 wurde Leipzigs Operntradition mit den „Meistersingern“ von Richard Wagner aufgegriffen und durch die Neudeutung einer Reihe alter Meisterwerke, zum Beispiel mit der umjubelten Neuinterpretation des „Ring der Nibelungen“, fortgesetzt.
Leipzigs Glockenturm vom Markusplatz
Kennen Sie den Markusplatz in Venedig? Das elfgeschossige Krochhaus am Augustusplatz mit seinen drei Fensterreihen ist ihm entlehnt. Um die Überschreitung der festgelegten Firsthöhe erfolgreich bestehen zu können, wurden die oberen vier Etagen zunächst als Attrape aufgesetzt, womit man die Stadtväter schließlich zwang, zuzustimmen. Auf dem schmalen Grundstück blieb angeblich keine andere Wahl.
Ob der Spruch „Omnia vincit labor“ (Arbeit bezwingt alles.) die Leipziger nach dem Bauabschluß des Krochhauses im Jahre 1928 wirklich überzeugte, sei dahingestellt. Während der Weltwirtschaftskrise mußte die Bankfiliale Kroch die Berge der Inflationsgelder sicher „sensationell“ hoch wie ihr Haus schichten.
Seither schwingen die beiden wagemütig am Firstrand stehenden Männerfiguren zu jeder vollen Stunde ihren Hammer, um die im Sonnenlicht blitzende Glocke zu schlagen. Wenig später wurde als Pendant schräg gegenüber das Europahochhaus errichtet.
Kunst im neuen Gewandhaus
Bei der Gestaltung des Neuen Gewandhauses wurde aus dem historischen Gewandhauskonzertsaal im Hause der Tuchmacher das Kolorit der aufmüpfigen Kunst aufgegriffen. Die Malerei des damaligen Deckengemäldes von Professor Oeser mit seinen Allegorien ließ ebenso verschiedene Deutungen zu, wie die modernen Wandmalereien der eigenwilligen Künstler aus der Leipziger Schule, die imgrunde aus Oesers Kunstakademie hervorgingen.
Zu DDR-Zeiten waren sie zwar weitgehend integriert, fassten ihre Einwände aber häufig ebenso wie der barocke Künstler in allegorische, d.h. mythische und häufig auch christliche Bilder. Ihre Mehrdeutigkeit bot ihnen unter der strengen Zensur einen heute bemerkenswerten künstlerischen Spielraum.
Gustav Mahlers „Lied von der Erde“ regte Sighard Gille zu dem 702 m² großen Deckengemälde an, mit dem man sich kunstverständig auf das erlesene Musikerlebnis einstimmen kann.
Im gläsernen Foyer des Kammermusiksaals steht Max Klingers umstrittener „Beethoven“, den er in seinem Plagwitzer Atelier vollendet hatte. Max Klinger und auch Max Beckmann wurden in Leipzig geboren. Auch die Wagner-Büste am Schwanensee hinter der Oper entstand nach einem Entwurf von Max-Klinger.
Empfehlung:
(Für Klinger-Verehrer bietet sich auch ein Besuch des Klinger-Hauses bei Freyburg an der Unstrut an. Das Wohnhaus über seiner Radierwerkstatt, ein Weinberghaus in lichter Südwestlage, ließ er im Landhausstil umbauen. Am 4. Juli 1920 verstarb er auf dem Anwesen; nun ruht der Maler in seinem eigenen Weinberg. Von seiner Skulptur „Der Athlet“ lässt er sein Grab bewachen.)
Vorschau: Im nächsten Beitrag über Leipzig wandeln wir auf den Spuren des berühmtesten Gewandhausdirigenten Felix Mendelssohn Bartholdy.
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